Naturschutzgebiet in Gefahr?

Naturschutzgebiet in Gefahr?

Vorkaufsrecht der Naturschutzverbände missachtet

Aachen – Das Naturschutzgebiet (NSG) Seffent mit den Sieben Quellen und dem Wilkensberg dürfte vielen Aachener*innen bekannt sein, denn es ist ein beliebtes Ausflugsziel zum Spazierengehen. Naturschützer*innen betonen außerdem seinen Wert für den Schutz des alten Baumbestandes sowie einzigartiger Strukturen und Arten: So tritt durch eine geologische Besonderheit in den sogenannten Quelltöpfen der Sieben Quellen Wasser an die Oberfläche. In diesen Quelltöpfen haben sich bspw. schützenswerte Wasserpflanzen sowie der seltene Höhlenflohkrebs angesiedelt.

Eher zufällig erfuhr der NABU Aachen nun, dass der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB) große Teile des NSG an die Campus GmbH verkauft hat. Ulrich Schwenk, zweiter Vorsitzender des NABU Aachen, kritisiert, nicht über die Verkaufspläne informiert worden zu sein: „Die anerkannten Naturschutzverbände haben ein gesetzliches Vorkaufsrecht bei NSG-Flächen. Wenn wir jedoch nicht über einen Verkauf informiert werden, können wir ihn nicht prüfen und unser Recht nicht ausüben.“ Der NABU hat das Umweltministerium daher gebeten, die gesetzlich vorgeschriebenen Vorkaufsrechte sicherzustellen und den Eigentumsübertrag an die Campus GmbH zu stoppen.

Das Gebiet war bereits jüngst wegen umstrittener Baumfällungen und einem Zaunbau, der neue Baumpflanzungen schützen soll, Thema in der Presse. Der laut Presse auf Veranlassung des staatlichen Forstamtes vom BLB errichtete Zaun ist jedoch nicht nur aus Sicht zahlreicher Bürger*innen, sondern auch in den Augen des NABU eine äußerst zweifelhafte Maßnahme. Schwenk: „Der Zaun zerstört die Eigenart und Ästhetik des Gebiets. Auch die Begründung für den Bau ist nicht nachvollziehbar. Es gibt wirkungsvolle Maßnahmen, Einzelbäume zu schützen, die deutlich weniger invasiv und zudem effektiver sind.“ Die Maßnahme sei damit auch nach Auffassung des NABU zweifelhaft und eine Ordnungswidrigkeit, da weder die Naturschutzverbände noch der Naturschutzbeirat der Stadt beteiligt wurden, noch eine Befreiung der unteren Naturschutzbehörde der Stadt vorliege und auch nicht begründbar wäre.

„Dem NSG fehlt es an einem Gesamtkonzept“, so Schwenk. Bspw. müssten die Besucher*innen besser gelenkt und der Eintrag von Sedimenten in die wertvollen Quelltöpfe gestoppt werden. Ziel sollte sein, dass die einzigartige Natur erhalten und gleichzeitig von den Aachener*innen heute wie in Zukunft besucht und erlebt werden kann, ohne die Schutzziele des NSG zu gefährden. Der NABU weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ganz unabhängig von Zäunen hier – wie in allen NSG – die Verpflichtung besteht, auf den Wegen zu bleiben und Hunde an die Leine zu nehmen.

Der NABU Aachen hat jedoch die begründete Sorge, dass es in der Betreuung des Gebiets an der naturschutzfachlichen Kompetenz fehlt, um es in seiner Eigenart und Besonderheit für zukünftige Generationen zu erhalten. Der NABU Aachen wendete sich daher mit einem Brief direkt an das Umweltministerium, um zu fordern, dass die Landesfläche stattdessen in die Obhut der Bezirksregierung Köln gelangt oder bei einem Verkauf den Naturschutzverbänden angeboten wird.

Link zum § 74 Landesnaturschutzgesetz NRW (LNatSchG), in dem der § 66 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) zu den Vorkaufsrechten der Naturschutzverbände und landesweit tätigen Naturschutzstiftungen, z.B. der NABU-Stiftung Naturerbe NRW, umgesetzt wird (Absatz 3):

http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal_nrw.cgi?xid=167116,94

Zur Veranlassung des Zaunbaus durch „Wald und Holz NRW“: AZ/AN vom 13.1.2023, Seite 15

Zaun bei Siebenquellen – Foto: Prof. Dr. Hermann Wagner

Siebenquellen, westliches Quellbecken – Dietmar Kottmann

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