Deutsch-Israelischer Fachkräfteaustausch in Aachen

Auf Einladung der Naturschutzjugend Deutschland (kurz NAJU) besuchten die Austauschpartner des größten Naturschutzverbandes Israels, der Society for the Protection of Nature in Israel (SPNI), das Land Nordrhein-Westfalen. Dabei wurde an verschiedenen Stationen die Arbeit der NAJU und des NABU in NRW mit dem Ziel präsentiert, Erfahrungen auszutauschen und gemeinsam neue Projekte ins Leben zu rufen. Der einwöchige Besuch stand unter dem Motto „reduce-reuse-recycle“, eine Initiative zur Schonung der natürlichen Ressourcen und zur Vermeidung von Müll.

Die Teilnehmer des DIFA auf der Türmchenwiese. Foto: NABU Aachen.

Und am 16. und 17. Oktober 2013 war es dann endlich soweit: Die Vertreter des deutsch-israelischen Fachkräfteaustausches besuchten auf ihrer Reise durch NRW auch Aachen. Die Aktiven des NABU Aachen, allen voran die Umweltpädagogin Petra Müller, nutzten die Gelegenheit, um ihre Umweltbildungsarbeit vor Ort zu präsentieren. So wurde beispielsweise der Gemeinschaftsgrundschule Gut Kullen, mit der der NABU Aachen bereits seit 2007 eine erfolgreiche Kooperation durchführt, ein Besuch abgestattet. Nach einer herzlichen Begrüßung durch Lehrer und Schüler zeigten die Kinder der GGS Gut Kullen bei einer kurzen Exkursion ihr „Grünes Klassenzimmer“ auf einem vergessenen Stück Bauland, das in gerade einmal drei Projekttagen zum Thema „Klima“ entstand. Durch den regelmäßigen Besuch des Stückchens Brachland ist dieses für die Kinder keinesfalls nur die Müllkippe des Viertels – wie viele Außenstehende meinen – sondern vielmehr ein Stück Natur mitten in der Stadt. In ihrem Schulgarten präsentierten die Schüler stolz, wie sie zusammen mit dem NABU Aachen ihren Ganztag in der Schule mitgestalten.

Von der Grundschule ging es dann bei strahlendem Sonnenschein zu Fuß zur NABU-eigenen Streuobstwiese „Am Türmchen“. Nicht nur das artenreiche Biotop selbst, das 2.000-5.000 Tierarten ein Zuhause bietet, begeisterte die israelischen Naturschützer, sondern auch die vielen Köstlichkeiten, die die Streuobstwiese bereithält. So konnten sich die fern gereisten Naturschützer alte Apfelsorten wie „Rotes Seidenhemdchen“, „Schöner von Boskop“ und „Rote Sternrenette“ sowie den selbst produzierten Honig der NABU-Bienengruppe schmecken lassen.

Gestärkt ging es dann unter fachkundiger Begleitung der Umweltpädagogin Monika Nelißen zum Dreiländereck. Und bei diesem Weg waren alle gemeinsam Grenzgänger in Europa – ganz ohne Hindernisse. Beim anschließenden Kaffeeklatsch in Vaals und dem Besuch der Geschäftsstelle am Preusweg konnten sich die israelischen Gäste mit weiteren NABU-Aktiven auch über diese Erfahrung austauschen.

Am zweiten Tag in Aachen standen zunächst der Besuch des Jüdischen Friedhofs an der Lütticher Straße und eine Führung durch die Jüdische Gemeinde Aachens auf dem Programm. Später ging es für die Mitglieder der SPNI nach Eilendorf. Dort wurde die soziale Einrichtung „Aachener Projektwerkstatt“ vorgestellt. Dieser besonders innovative Möbelshop ist ein gelungenes Beispiel für die Umsetzung der Initiative „reduce-reuse-recycle“, denn hier werden von Mitbürgern gespendete Möbel und Gegenstände des täglichen Bedarfs aufgearbeitet und auf rund 5.000 m² für den Verkauf an Leute mit kleinem Geldbeutel angeboten. Und nicht nur das: Auch das Recycling von allem, das in seine Wertbestandteile zerlegt werden kann, wird durch die Projektwerkstatt geleistet.

Nach diesem spannenden Programm verließen die israelischen Naturschützer Aachen und begaben sich zur nächsten Station in NRW. Am Ende ihrer Reise durch das Bundesland waren sich alle einig, dass der Besuch viel Neues aufgezeigt hat, viele Ideen entstehen ließ, aber auch eine Menge Fragen aufgeworfen hat. Den Zusammenhang zwischen dem eigenen Handeln und den weltweiten Auswirkungen, die unser Tun hat, brachte ein Teilnehmer auf den Punkt: „Everything ist connected in life – the point is, to know it and to understand it.“
Im Frühjahr des nächsten Jahres werden einige Mitglieder der NAJU wieder nach Israel reisen, um sich die Fortschritte der Bemühungen des Austauschpartners in Israel z. B. im Hinblick auf die Wertstoffkreisläufe des Landes näher anzuschauen. Auch Petra Müller vom NABU Aachen freut sich darauf, wieder mit dabei zu sein. Für sie ist es besonders wichtig, Erfahrungen hinsichtlich der Umweltbildung an Schulen auszutauschen. Denn langfristig sollte die Umweltbildung zu einem festen Bestandteil für alle Schulkinder werden. Ein Blick über den Tellerrand ist dabei unabdingbar, denn Naturschutz macht nicht an Grenzen halt!

Hintergrund:
Seit 2011 besteht zwischen der NAJU und dem SPNI eine ganz besondere Verbindung. Regelmäßige Treffen zwischen den Naturschützern beider Länder und ein intensiver Austausch sowohl über die Naturschutzarbeit der beiden Verbände als auch über kulturelle und soziale Themen vereinen die Teilnehmer. Der NABU Stadtverband Aachen ist von Anfang an mit dabei. So hatte die Umweltpädagogin Petra Müller bereits zweimal bei einer Stippvisite in Israel die Gelegenheit, die dortige Naturschutzarbeit und die Projekte von SPNI hautnah kennenzulernen und mitzuerleben. Dabei besuchte sie beispielsweise Naturschutzzentren, Schulprojekte, Gemeinschaftsgärten und -zentren und selbstverständlich auch die atemberaubende Natur Israels. Für die Umweltpädagogin ist dabei vor allem die intensive Bildungsarbeit der SPNI in den Schulen spannend und bereichernd.

Israel ist weltweit einer der größten Müllproduzenten (pro Haushalt). Gerade weil das Land flächenmäßig relativ klein ist und Mülltrennung bisher nicht praktiziert wird, nimmt die Bedeutung dieses Problems immer mehr zu. Erst seit wenigen Jahren gibt es in gerade einmal 31 Gemeinden ein Pilotprojekt, bei dem wenigstens Papier und Kompost getrennt gesammelt werden. Zumindest das noch ebenfalls sehr junge Recycling- und Pfandsystem wird von größeren Bevölkerungsteilen angenommen. In der Aufklärung und Bewusstseinsbildung zum Thema Ressourcenschutz spielt gerade die junge Generation eine wichtige Rolle: So lernen beispielsweise die Kinder in der Schule etwas über Mülltrennung und geben dieses Wissen an ihre Eltern weiter. SPNI verfolgt diesen Ansatz in ihren Schulprojekten. Zudem ist SPNI Träger zahlreicher Gemeinschaftsgärten, in denen Kompost gesammelt und im Gartenbau verwendet wird.