Bauch zeigen

Bericht aus: Naturschutz in NRW 4/2013

Datum: 01.11.2013

Autoren: Dr. Manfred Aletsee, Bernd Pieper

Biometrische Fotoerfassung der Gelbbauchunke 

Die NABU-Naturschutzstation Aachen ist Partner des bundesweiten, vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) geförderten Projekts „Stärkung und Vernetzung von Gelbbauchunken-Vorkommen in Deutschland“. In Deutschland ist ein bedeutender Teil der weltweiten Population des höchstens fünf Zentimeter großen Froschlurchs zu Hause. Allerdings ist die Gelbbauchunke laut Roter Liste Deutschland „stark gefährdet“, in Nordrhein-Westfalen gilt sie sogar als „vom Aussterben bedroht“. Auch deshalb wurde die nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU geschützte Art in das Bundesprogramm Biologische Vielfalt (BBV) aufgenommen.

Gelbbauchunke mit herzförmigen Pupillen. Foto: NABU/M. Aletsee

Die Ursachen für die Bedrohung der Unke mit der charakteristisch gelb-schwarz gefleckten Unterseite sind vielfältig. Ihre ursprünglichen Lebensräume – unverbaute Bachtäler mit regelmäßig überfluteten Auenbereichen – sind in Mitteleuropa weitgehend zerstört. Und auch die von Menschen geschaffenen so genannten Sekundärlebensräume, wie etwa Ton-, Sand- und Kiesgruben, Steinbrüche und Truppenübungsplätze, werden entweder intensiv oder gar nicht mehr genutzt, was in beiden Fällen zu einer Habitatverschlechterung führt.
Im äußersten Westen der Republik findet man die Gelbbauchunke noch auf einem Übungsplatz der Bundeswehr sowie in einigen Kalksteinbrüchen. Eine kleine Population lebt sogar in einem Primärhabitat, in der Talsohle des Bachs Inde. Bereits seit 2007 führt die NABU-Naturschutzstation Aachen gemeinsam mit der Bundeswehr-Standortverwaltung sowie der Unteren Landschaftsbehörde Aachen kleinere Schutzmaßnahmen durch. So wurden im FFH-Gebiet Brander Wald – in Ergänzung zu den Radspuren der Panzer und LKWs –sowie auf einer Rinderweide zahlreiche Tümpel angelegt, um der stark gefährdeten Teilpopulation zu helfen.
Die Gelbbauchunke als konkurrenzschwache Pionierart benötigt zur Fortpflanzung regelmäßig trockenfallende Laichgewässer. An flutenden Gräsern werden die knapp 50 Eier abgelegt, aus denen die Kaulquappen schlüpfen und sich in sechs Wochen zur rund einen Zentimeter großen Unke entwickeln. In diesem Alter ist die Bauchzeichnung noch undeutlich, aber schon im nächsten Sommer ergeben die schwarzen Flecken auf gelbem Grund wie ein Fingerabdruck ein individuelles Muster.
Das wichtigste Ziel des Aachener Teilprojekts – in Kooperation mit dem Umweltamt der Stadt Aachen – ist die individuenspezifische Langzeiterfassung der Gelbbauchunkenpopulationen in der Region. Dazu wird die Bauchseite möglichst vieler Tiere in einer eigens entwickelten Fotokammer aus Plexiglas fotografiert. Die Erfassung ist ein erster Schritt, um langfristig zentrale Fragen beantworten zu können: Können neue Primärhabitate durch Bachrenaturierung entstehen? Welche Minimalgröße braucht eine Population zum Überleben? Wie groß darf der maximale Abstand zwischen Teilpopulationen sein, damit ein ausreichender genetischer Austausch erfolgt?

Unterseite einer Gelbbauchunke. Foto: NABU/M. Aletsee

Die vier Teilpopulationen des Aachener Projektgebietes mit gut 150 adulten Tieren wurden 2013 zum zweiten Mal erfasst. Da das 2012 gestartete BBV-Projekt unter Trägerschaft des NABU Niedersachsen über sechs Jahre läuft und Gelbbauchunken in freien Natur 15 Jahre alt werden können, sind belastbare Ergebnisse zu erwarten. Zusammen mit den anderen Teilprojekten in 130 Gebieten werden sie dazu beitragen, dass Deutschland seiner Verantwortung für die Gelbbauchunke gerecht werden kann.

Das Aachener Teilprojekt wird vom Land NRW finanziell unterstützt.