Achtung Artenvielfalt: Torffrei gärtnern
Achtung Artenvielfalt: Torffrei gärtnern
Hobbygärtner aufgepasst: Torffreie Pflanzenerde
Es ist Mitte April, die Sonne scheint, Vögel zwitschern, Blumen sprießen farbenfroh aus der Erde: Der Frühling hat begonnen. Das lockt eine besondere Art vor die Tür: die Hobbygärtner. Vorher nochmal fix zum Gartencenter, die Blumenerde ist alle. Auf einem der Säcke prangt ein grünes Logo und „Bio“ steht drauf. Der wird’s. An der Stelle ruft der NABU lautstark: Stopp! Lesen Sie doch bitte erst einmal das Kleingedruckte auf der Rückseite. „Torf“ steht da leider immer noch sehr oft. Gehören Sie zu denen, die jetzt die Stirn in Falten legen und denken „Ja, schon mal gehört, aber was war das nochmal?“
Deswegen veranstaltete das NABU-Mitglied Detlef Röper eine Infoveranstaltung, um zu dem Thema aufzuklären.
Torf ist der Hauptbestandteil unserer Moore. Da eine Wasserschicht diesen Torf dauerhaft von der Luft und damit auch vom Sauerstoff isoliert, kann er nicht zersetzt werden. Über tausende von Jahren entsteht so aus den Torfmoosen eine immer dickere Torfschicht. Dieses „schwarze Gold“ fühlt sich nicht nur angenehm an, es enthält auch viele Nährstoffe und hat ein gutes Wasserspeichervermögen. Deswegen besteht gekaufte Saat- und Pflanzerde oft bis zu 80% daraus, selbst wenn dort „torfreduziert“ draufsteht.
Torf wird durch das Trockenlegen von Mooren gewonnen. Dabei werden einerseits die einzigartige Flora und Fauna dieser wertvollen Lebensräume zerstört. Andererseits sind Moore ein unersetzbarer Kohlenstoffspeicher. Obwohl Moore nur 3 % unserer Erdoberfläche ausmachen, speichern sie doppelt so viel CO2 wie alle Wälder zusammen! So trägt die Torfnutzung durch den damit verbundenen Kohlenstoffabbau maßgeblich zur Erwärmung der Erde bei. Einen Großteil des Torfs importiert Deutschland aus baltischen Ländern und Belarus. Aber auch große Flächen ehemaliger Moore in Deutschland, vor allem in Niedersachsen, gehen dafür drauf. Leider lohnt sich das Geschäft aus wirtschaftlicher Sicht, denn die Torfgewinnung ist sehr billig.
„Mit Blick auf den immer bedrohlicheren Klimawandel müsste dieser Abbau sofort eingestellt werden!“, ist Detlefs Meinung. Aber davon sind wir noch weit entfernt. Die Bundesregierung setzt auf „Freiwilligkeit“. Es ist z.B. nicht gesetzlich geregelt, wie viel Torf in Blumenerde enthalten sein darf und auch für die Inhaltsangaben dieser Saat- und Pflanzerden gibt es noch keine ausreichenden Vorschriften. Dabei wäre ein Umdenken dringend notwendig.
Auf den Säcken steht teilweise, sie seien ökologisch unbedenklich, da der Torf aus bereits still gelegten Mooren mit jahrelanger landwirtschaftlicher Nutzung komme. „Das sind Mogelpackungen, um Verbraucher zu täuschen!“, meint Detlef. Denn durch ein Wiedervernässen dieser Flächen könnten diese renaturiert werden und bereits nach zwei Jahren wieder die CO2-Bindungskraft eines intakten Moores aufweisen.
Detlefs Garten ist sein „Experimentierfeld“. Als Biologe probiert er gerne Neues aus und hinterfragt schon einmal traditionelle Gartenweisheiten. An diesem Sonntag sind zehn Leute angerückt um von seinen „Erdkenntnissen“ zu lernen. Detlef, aber auch die meisten der anderen Teilnehmer, wissen aus eigener, langjähriger Erfahrung: Gemüse & Blumen wachsen genauso gut in torffreier Erde. Diese besteht zum Großteil aus Humus, also reifem Kompost. Den kann man kaufen oder auch ganz einfach selbst herstellen.
Detlefs Komposthaufen befinden sich in einer schattigen Ecke des Gartens. Grünschnitt wird bei ihm immer mit einem Teil des zuletzt angesetzten Komposts vermengt. Bakterien und Pilze heizten dieses Gemisch dann in den folgenden Tagen bis auf über 70 °C auf. Nach dieser Heißrotte wandert dann ein großer Teil des Materials auf den nächsten Komposthaufen, in dem dann u.a. Kompostwürmer und Springschwänze die verbleibenden Reste weiter zerkleinern. Und woran erkennt man, dass der kostbare Kompost fertig also „reif“ ist? „Wenn keine Würmer und Springschwänze mehr zu erkennen sind“, so Detlef und nimmt eine Hand voll Humus. Alle riechen am Endprodukt, es duftet herrlich aromatisch nach erdigem Waldboden.
Es ist wirklich kein Hexenwerk. „Ich kann meinen Humus ganz einfach selbst herstellen, weiß, was drin ist und verfolge den ganzen Prozess“, sagt Detlef, „Und es gibt doch nichts Sinnvolleres als aus unseren Gartenabfällen wieder wertvollen eigenen Humus zu produzieren!“ Wem das zu aufwendig ist, kauft den Humus am besten bei seinem regionalen Kompostierwerk. In Aachen ist das Gabco, die entsprechende 40 l-Säcke mit Humus bei den Kompostannahmestellen anbieten. „Eine äußerst sinnvolle Kreislaufwirtschaft: lokaler und nachhaltiger geht’s nicht!“
Überall schauen Frühblüher aus der Erde, es summt und zwitschert überall. So ein Garten ist wirklich ein Wunderwerk! Aber noch wundervoller, wenn wirklich torffrei! Und bitte nicht vergessen: nur ein Sack mit dem Aufdruck „Torffrei“ auf der Vorderseite enthält keinen Torf. Wenn dort nichts steht, ist garantiert Torf drin!
Artikel: Julia Olbrich und Detlef Röper